Sardische Fischsuppe

Sardische Fischsuppe

Die sardische Fischsuppe habe ich zum ersten Mal vor vielen Jahren gegessen. Es war ein kalter Novembertag und der Italiener im Kölner Karstadt „Leonardi da Vinci“ sah verlockend aus. Gianni, der Inhaber, kam zu uns an den Tisch und empfahl uns zunächst seine sardische Fischsuppe.

Sardische Fischsuppe

Hmhh, Fischsuppe klang jetzt irgendwie kalt und nicht so verlockend. Aber gut, ‚hör auf den Italiener deines Vertrauens‘, schallte es mir durch den Kopf. Keine 5 Minuten später dampften zwei Schüsseln mit heißer Suppe vor uns. Es roch köstlich und schon nach dem ersten Löffel wusste ich, dass hier Dein Lieblingsgericht, die Pizza, Konkurrenz bekommen hat.

Viele Fische

Eine bunte Mischung aus edlen Fischhäppchen schwimmt in einer Tomatenbrühe mit vielen frischen Kräutern. Ein bunter Strauß mit den verschiedensten Geschmacksrichtungen. Etwas Schärfe war herauszuschmecken und ein anderer Geschmack, den ich nicht sofort mit Fisch in Verbindung bringen konnte. Welches Gewürz sich dahinter verbarg, erfuhr ich erst 12 Jahre und viele Fischsuppen später.

Tomaten

„Ciao Gianni, wie lautet das Rezept für diese köstliche Suppe?“, fragte ich ohne Umschweife. „Ein altes Familienrezept. Das darf ich nicht verraten“, antwortete er, „aber es sind Tomaten drin.“ Für mich der Beginn einer langen Reise. Gianni wechselte wenig später ins La Piazzetta in der Schaafenstraße, wo es die köstliche Suppe noch heute gibt.

Der Kochevent

Und so bestellte ich in den folgenden Jahren fast bei jedem Besuch eine Fischsuppe, außer in den heißen Sommermonaten. Gelegentliche Fragen nach dem Rezept liefen immer ins Leere. Den Versuch, es ihm bei einem von mir organisierten Kochevent der Kölner Wirtschaftsjunioren zu entlocken, hätte ich mir sparen können. Immerhin hat er mit uns Spaghetti Bolognese und Basilikum-Pesto gekocht und uns in die Geheimnisse einer guten Bolognese eingeweiht. Mehr dazu unter den entsprechenden Links.

Internetsuche

Zurück zur Fischsuppe. Irgendwann im Spätherbst 2012 habe ich angefangen, die Suppe nachzukochen. Die ersten Ideen und Umsetzungen waren alle für sich genießbar, lecker und doch meilenweit vom Original entfernt. Auch die eine oder andere Rezeptidee aus dem Internet half nicht weiter.

Kräuter

Im Laufe der Zeit fand ich heraus, das Rosmarin und Salbei drin sein müssen, manchmal war auch noch ein Basilikumblättchen und etwas ähnliches, ist das Petersilie?, mit drin. Die Suppe variierte ein wenig. Je nachdem, was gerade an frischem Fisch da war, kam rein.

Fischfond

Eines Tages erzählte mir sein Bruder, der mit ihm im Restaurant kocht, dass die Basis ein selbstgemachter Fischfond ist. Er kocht immer alle Fischreste aus und macht daraus den Fond für den nächsten Tag.

Seafood?

Zu Hause habe ich Variationen mit Garnelen, Scampi und Muscheln ausprobiert. Als Basis hatte ich eine würzige Tomaten-Fischbrühe mit Rosmarin entwickelt, die auch unseren Gästen schmeckte. Langsam kam ich der Sache näher, dachte ich.

Gemüse

Mal schwamm eine Möhre vorbei, mal nicht. Mal war Sellerie zu schmecken, mal nicht. Gekocht wurde, was gerade da war. Neben Tomaten aus der Dose waren auch frische Tomaten in der Suppe.

Die verlorene Zutat

Aber das gewisse Etwas fehlte mir noch. Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass ein Schuss Rotwein genauso dazugehört wie ein Schuss Essig. Der Essig muss früh rein, um der Säure die Spitze zu nehmen, der Rotwein erst spät, damit er nicht ganz verkocht. Aber welches Kraut fehlte noch? In manchen Fischgerichten wird Estragon verwendet, ein Gewürz, das zu Unrecht etwas in Vergessenheit geraten ist. Mein nächster Versuch sollte mich auf den Weg der Erkenntnis bringen.

Mut zur Lücke

Und tatsächlich, die Suppe war fast fertig. Einige bestätigten mir, dass meine Version der sardischen Fischsuppe kaum vom Original zu unterscheiden sei. Aber ich blieb skeptisch. Irgendetwas musste anders sein. Die Mischung der Zutaten? Gut, einen eigenen Fischfond konnte ich auch nicht herstellen, weil ich nicht die Menge an verwertbaren Fischresten hatte. Bei mir war es der gekaufte Fischfond. Aber das sollte nicht der Grund sein.

Estragon

Beim nächsten Besuch, wir waren am frühen Nachmittag da, die Piazzetta war noch nicht so voll wie sonst, sprach ich mit Salvatore, dem Koch, und erzählte ihm von meiner Entdeckung. „Nicht schlecht. Nicht schlecht. Aber wir geben keinen Estragon in die Suppe.“ Die Enttäuschung muss mir auf der Stirn gestanden haben. „Aber Anis schmeckt ähnlich wie Estragon“, ergänzte Giannis Bruder. „Ich nehme immer einen Schuss Pastis.“ PENG! Wie bitte? Pastis in die Fischsuppe? Ich dachte, er nimmt mich auf den Arm, bestellte eine Fischsuppe und meditierte wie Tim Mälzer bei Kitchen Impossible über den Inhalt der Wundersuppe, die vor mir stand.

Pastis

Jetzt wollte ich es wissen. Nächstes Wochenende, alle Zutaten frisch eingekauft und eine Flasche Pastis dazu. Wie viel ist das, wann kommt das dazu, ist das überhaupt noch gut, lieber vorher probieren. Viele Fragen gingen mir durch den Kopf, während ich die Basis für die Suppe zubereitete. Erstes Fazit, Pastis eignet sich nicht gut als Kochgetränk, auch wenn der petit jaune lecker schmeckt. Zweites Fazit: Das war’s!

Die sardische Fischsuppe

Ja, es ist mir gelungen, die Suppe nachzukochen, natürlich nur mit Hinweisen und viel Geduld. Zur Belohnung haben mir Gäste aus dem Familienkreis, die die Suppe auch mögen, gesagt, dass meine Suppe besser schmeckt. Das nehme ich dankbar an und lasse es so. Letzte Gewissheit hätte ich erst, wenn ich für Gianni und Salvatore kochen würde. Und selbst dann blieben Restzweifel.

Das Rezept

DAS Rezept gibt es nicht. Es ist eine Anleitung für die Basissuppe, die durch die Zugabe von verschiedenen Edelfischsorten, Muscheln, Krustentieren und die Dosierung der Kräuter variiert werden kann. Um zu sehen, wie nahe man dran ist und ob sich die Beschaffung der Zutaten und die Zubereitung lohnen, bitte ich alle, eine Kostprobe bei La Piazetta zu bestellen.

Nachruf zu Gianni Podi

Gianni ist im September viel zu früh verstorben. Er war ein leidenschaftlicher Gastgeber, ein guter Koch und ein guter Zuhörer, wenn er Zeit hatte. Danke. Ruhe in Frieden!

Ich werde immer an ihn denken, wenn ich diese Suppe zubereite.

Man nehme

400 g Edelfisch, Seefisch wie z.B. Lachs, Seelachs, Wolfsbarsch, Dorade
200 g Muscheln*
200 g Krustentiere* wie Scampi oder Garnelen
400 ml Fischfond
2 Dosen Tomaten, ob passiert, stückig oder ganz ist egal, da sie durch das lange Kochen von alleine zerfallen
2 Möhren
1 Stange Stauden Sellerie
2 Zwiebel
4 Tomaten
Mediterrane Kräuter wie z.B. Rosmarin, Thymian und Salbei. Basilikum eher nicht, wenn ganz zum Schluss frisch drüber streuen.
Estragon, wer will, am besten erst mal ausprobieren.
1 l Wasser
200 ml Rotwein
100 ml Pastis**
etwas Essig
Olivenöl
Salz und Pfeffer

*ob mit Muscheln und/oder Krustentiere entscheidest Du selber. Bei Gianni’s Suppe sind die nicht mit drin.
** Pastis ODER Estragon. Beides zusammen wird zu anislastig.

Die Basissuppe

Zwiebeln schälen und in viertel Ringe schneiden, leicht in einem großen Topf mit etwas Olivenöl bei mittlerer Hitze anschwitzen. Die in dünne Scheiben geschnittenen oder gehobelten Möhren hinzugeben und gleiches mit dem Staudensellerie machen. Das Ganze mit dem Fischfond ablöschen, Tomaten aus der Dose und gestückelte, frische Tomaten hinzugeben. Aufkochen lassen und bei niedriger Stufe 1 h simmern lassen.

Jetzt kommen 1 l heißes Wasser, die Kräuter, das Salz, der Pastis und der Essig nacheinander mit hinzu und weitere 30 min köcheln lassen. Kurz vor Ende den Rotwein hinzugeben. In der Zwischenzeit den Fisch in löffelgroße Würfel schneiden, Muscheln und Krustentiere vorbereiten. Alles nacheinander in den Topf geben, am besten den Fisch zum Schluss. Vorsichtig umrühren und bei weiter geringer Hitze ca. 10 min. ziehen lassen.

Die sardische Fischsuppe am besten heiß als Vorspeise oder auch als Hauptgericht servieren mit etwas Baguette und einem frischen italienischen Weißwein.

Buon Appetito!

Alternativen

Cacciucco Fischsuppe von der Insel Elba
Cullen Skink – Schottischer Fischeintopf
Edelfisch im Muschelsud mit Rotgarnele
Lohikeitto – Finnische Lachssuppe
Marmite Dieppoise – Normannische Fischsuppe
Vissoep – Fischsuppe aus Flandern
Zarzuela de pescado y marisco – Andalusische Fischsuppe mit Krustentieren

Weitere italienische Gerichte findest Du hier: Menu italiano.

 

Fragen und Anregungen bitte an: wirtz@lecker-wirtz.de

Gutes Gelingen beim Kochlöffel Schwingen!

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Lecker Wirtz schwarz weiß

 

 

 

 

Die sardische Fischsuppe ein geheimnisvolles Rezept wird enträtselt.

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